Waldrundgang Breuberg 2025
„Der Breuberger Stadtwald ist vielfältig, struktur- und artenreich und damit auf die mit dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen aus heutiger Sicht gut vorbereitet“ sagte Friedl. Diese naturnahe Waldwirtschaft erfüllt auch die Kriterien des Förderprogramms „Klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums, aus dem der Stadt Breuberg rund 78.000 Euro jährliche Fördermittel bewilligt worden sind.
Der erste Stopp der zweieinhalbstündigen Tour erfolgte am alten Pflanzgarten im Breuberger Stadtwald bei Rimhorn. Wie in vielen Gemeinden haben hier anfangs der 50er Jahre Rimhorner und Neustädter „Kulturfrauen“ Baumsetzlinge für die Wiederaufforstung des nach Kriegsende durch Reparaturzahlungen und einen immensen Holzverbrauch zerstörten Waldes vorgezogen. Im Laufe des Ausbildungsprojekts 2024 wurde der in Vergessenheit geratene Pflanzgarten von Schülerinnen und Schülern unter fachlicher Anleitung von Hessen Forst und Bauhof wieder hergerichtet, der Zaun erneuert und eine Infotafel informiert nun über die Geschichte der kleinen Anlage.
Beim nächsten Halt an einer rund ein Hektar großen Fläche berichtete Revierförster Friedl, dass es ihm schon ein bisschen mulmig war, als er sich nach dem durch Borkenkäfer bedingten Totalausfalls des Fichtenbestandes aus Kostengründen für die Naturverjüngung entschied. Denn anstatt mehrere Tausend Euro in Jungpflanzen und die anschließenden Pflegemaßnahmen zu investieren, wurde die Kalamitätsfläche der Natur überlassen. Schon bald fassten Pionierbaumarten wie die Birke Fuß, die das entstehende Brombeerdickicht durchdringen können. Die Samen von weiteren, teils in der näheren Umgebung gar nicht vorkommenden Baumarten wurden von Vögeln und Wind eingetragen, sodass nach nunmehr fünf Jahren eine erstaunliche Artenvielfalt entstand. „Die Waldentwicklung geht hier zwar langsamer voran“, so der Forstfachmann „allerdings ist der Bestand stabil und wird uns zeigen, welche Baumarten mit den Klimaveränderungen besonders gut klarkommen“.
Auf der Pflanzfläche am Bürger-Jubiläums-Wald oberhalb des Welsh-Gestütes bei Neustadt begutachtete die Gruppe die Ergebnisse der künstlichen Verjüngung, wobei auch der Unterschied zur Naturverjüngung schnell erkennbar war: In Reih und Glied sind hier die in der Baumschule aus zertifiziertem Saatgut vorgezogenen Baumsetzlinge gesetzt, die zum einen aus der Region stammen sollten, um den regionaltypischen Verhältnissen in Bezug auf Boden und Klima gerecht zu werden. Dabei wurden Baumarten wie Weißtanne, Edelkastanie, Sommer- und Winterlinde auf der Fläche durchmischt, um gegen die Klimaveränderungen gewappnet zu sein. Vor Verbiss durch Schalenwild muss der Bestand durch einen Wildzaun geschützt werden. Dazu kommt vor allem in den Anfangsjahren die motormanuelle Pflege, das bedeutet das Freischneiden der Setzlinge, um Brombeeren, Fingerhüte und Weidenröschen, die sich auf Freiflächen geradezu explosionsartig ausbreiten, in Schach zu halten. Eine überaus zeit- und kostenintensive Arbeit, wie die Teilnehmer erfuhren.
Je nach Standort werden auch Roteichen, Hainbuchen oder der Speierling angebaut, wobei die Stadt Breuberg im Sinne der Nachhaltigkeit vermehrt einen plastikfreien Einzelverbissschutz einsetzt.
Wirtschaftsbaumarten wie Buche, Fichte und Kiefer werden ebenso wie die Douglasie laut Friedl nicht in der künstlichen Verjüngung angebaut. Insbesondere der Bestand an Douglasie ist durch Anpflanzungen in der Vergangenheit gesichert und auch Naturverjüngung ist an günstigen Standorten zu beobachten. Da sie noch dazu kaum von Kalamitäten betroffen sind, ersetzt die Douglasie mehr und mehr die Fichte, die früher als „Brotbaum“ der Forstwirtschaft galt. Vor allem die aufgeasteten Exemplare, von denen es im Laufe des Waldbegehung einige zu bestaunen gab, erzielen beim Submissionsverkauf oft Bestpreise. In diesem Zusammenhang ging Friedl auch auf die Bewirtschaftungskosten ein mit dem Fazit, dass auch das Wirtschaftsjahr 2025 mit einem Plus von geplant rund 48.000 € abschließen wird.
Die Buche ist nach der Kiefer die zweithäufigste und zugleich auch prägende Baumart im Breuberger Wald. Hitze und Trockenheit machen der Schattenbaumart Buche zunehmend zu schaffen. Deswegen, so der Fachmann, vermeidet er soweit möglich die Auflichtung bzw. starker Freistellung der einzelnen Buchen. Durch das geschlossene Kronendach, werden nicht nur die Buchen vor Sonnenbrand geschützt, auch das Austrocknen des Waldbodens wird verhindert und seine Funktion im Ökosystem Wald erhalten.
Wie das in er Praxis aussehen kann, erfuhren die Teilnehmer zum Abschluss der Tour oberhalb von Hainstadt, als sie abseits des Weges einen Bereich betraten, in dem es trotz hochsommerlicher Temperaturen angenehm kühl war. Eine 180-jährige Lärche und ebenso alte Douglasie überragten diesen ansonsten von Buchen verschiedener Alterskassen und verschiedensten Gehölzen geprägten Bestand. Um die hier die natürliche Waldentwicklung zu fördern, sind einige der Buchen als Habitatbäume gekennzeichnet und tragen damit erheblich zur ökologischen Vielfalt des Waldes bei.
Doch ob der Wald, so wie wir ihn kennen, trotz aller Maßnahmen und intensive Forschung den kommenden Klimaveränderungen Stand halten wird? Die Antwort darauf, so Revierförster Felix Friedl mit einem Augenzwinkern, werden wir wohl trotz aller Forschung erst in 100 Jahren erhalten.